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  • THOMAS GAUL | FACHJOURNALIST FÜR BIOENERGIE | AGRARWIRTSCHAFT
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Neues EEG sorgt für Diskussionen

Auf der Tarmstedter Ausstellung wurde vor kurzem über die Auswirkungen des EEG 2017 auf die Praxis diskutiert.

„Der größte Unterschied ist der Übergang von der Festvergütung zur Ausschreibung“, sagte Harald Wedemeyer, Rechtsreferent des Landvolks Niedersachsen und dort auch zuständig für den Bereich Erneuerbare Energien. Ab dem nächsten Jahr müssen Biomasse-Anlagen ab einer installierten Leistung von 150 kW an Ausschreibungen teilnehmen. „Grundsätzlich ist es gelungen, eine Anschlussregelung für Biogasanlagen zu finden“, hob Wedemeyer hervor. Ein „Ausbaupfad“ sieht für die nächsten Jahre einen Zubau von 150 MW vor. Bei den 75 kW-Anlagen bleibt es bei den bestehenden Sonderregeln. Gerade in Niedersachsen mit vielen gewachsenen Milchviehbetrieben hätte es besser gepasst, diese Regelungen auf eine Anlagenklasse mit 150 – 200 kW auszuweiten. Denn für 600 Kühe ist eine 75 kW-Anlage zu klein. Ein Teil der Gülle müsste dann doch weiter direkt auf das Feld gefahren werden, statt klimaschonend zur Stromproduktion genutzt werden zu können.

„Knackpunkt in den Beratungen zum Gesetz war die Windkraft, weil nun auch Bürgerwindparks in die Ausschreibung müssen“, erläuterte Wedemeyer. Die Chancen für solche Projekte haben sich dadurch verschlechtert, fürchtet Lisa Frehe von der BBWind Projektberatungsgesellschaft, die bäuerliche Bürgerwindparks projektiert. Diese Bürgerwindparks sind wichtig für die Akzeptanz, weil die Wertschöpfung am Ort bleibt. Insbesondere Projekte, für die die Genehmigung läuft und die im nächsten Jahr in Betrieb gehen sollen, könnten unter den neuen Bedingungen nicht mehr rentabel sein. Überlegt werde nun ein Verkauf an Investoren, berichtete Frehe: „Das finanzielle Risiko ist auf jeden Fall gestiegen.“ Das Risiko erhöht sich durch die Projektierungskosten, die vorfinanziert werden müssen, ohne sicher sein zu können, bei der Ausschreibung auch den Zuschlag zu erhalten. Außerdem muss eine Sicherheit hinterlegt werden, die bei einer 3 MW-Windkraftanlage beispielsweise 45 000 Euro beträgt.

Neue Herausforderungen kommen auch auf die Biogasanlagen-Betreiber zu. Da ist sich Carsten Bahlburg, Vertriebsleiter beim „biogas service tarmstedt“ sicher. Der Landwirt und Anlagenbetreiber machte deutlich: „Wir müssen die Flexibilisierung jetzt nutzen.“ Denn für immer mehr Anlagen rückt das Ende des zwanzigjährigen Vergütungszeitraums näher. Da will gut überlegt sein, welche Investitionen sich noch lohnen. Dazu gehört auf jeden Fall der Einstieg in die flexible Stromproduktion, so Bahlburg: „Die meisten Anlagen, die wir überbauen, haben eine Restlaufzeit von zehn Jahren.“ Bei der „Überbauung“ wird ein zusätzlicher BHKW-Motor auf die Anlage gestellt, um in Spitzenzeiten gezielt die Stromproduktion erhöhen zu können. Nach Angaben von Bahlburg entscheiden sich die meisten Betreiber für die dreifache Überbauung. Das bedeutet für die in Niedersachsen übliche 500 kW-Anlage, dass eine flexible Leistung von 1 MW dazugestellt wird.

Die notwendigen Investitionen umfassen jedoch weit mehr als ein neues BHKW. Denn für die flexible Fahrweise muss Gasspeicherraum geschaffen werden, um das Biogas zeitversetzt verstromen zu können. In der „klassischen“ Bauweise fasst das Dach eines Fermenters einer 500 kW-Anlage 3 600 m3. „Oft reicht das Tauschen des Daches“, stellte Carsten Bahlburg fest. Statt der bekannten „Zipfelmütze“ kommt dann eine Halbschale auf den Behälter. Bei einer dreifachen Überbauung und einer Speicherzeit von 16 Stunden ist ein Gasspeicher von 6 000 m3 erforderlich. „Um das volle Volumen des Gasspeichers zu nutzen, ist ein entsprechendes Management notwendig“, machte Bahlburg deutlich. Der Gasspeicher sollte deshalb auf keinen Fall zu klein gewählt werden, denn für den Betreiber bedeute es zusätzlichen Stress, wenn der Speicher zu knapp gefahren wird. „Bei ausreichendem Volumen ist es einfach, eine Flex-Anlage zu fahren“, sagte Bahlburg, der als Betreiber auf vier Jahre Anlagenbetrieb zurückblicken kann. Allerdings sind auch Anpassungen an der Gasstrecke erforderlich: „Bei unter 6 m3/sec. wird kein Kondensat mehr transportiert“, sagte Bahlburg. Hinzu kommen weitere Anpassungen an der Peripherie, wie Trafo und Erdarbeiten. Diese Investitionen können bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.

 

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